Online-Dating Burnout achtsam verstehen und bewältigen
- kathyogilvie
- 25. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Was ist Dating-Burnout („Dating-Fatigue“)?
Dating‑Burnout beschreibt den Zustand emotionaler Erschöpfung, der durch wiederholte Enttäuschung und Frustration im Online‑Dating entsteht. In einer explorativen Studie von Prof. Dr. Wera Aretz der Hochschule Fresenius befragte über 2.400 Personen. 14 % der Befragten gaben an, unter einem sogenannten Dating-Burnout zu leiden – also emotional erschöpft durch Online-Dating und belastende Erfahrungen wie Ghosting oder Monotonie zu sein. Journalistische Berichte beziffern dies hochgerechnet auf etwa 3 Millionen Menschen in Deutschland. (Anm.: Allerdings setzt diese Zahl die Befragtenquote auf die Gesamtbevölkerung und das Dating-App-Nutzerverhalten um, obwohl die Studie ausdrücklich eine spezifische Teilgruppe analysiert.)
Weitere Untersuchungen bestätigen die Angaben von emotionaler Erschöpfung: Eine Forbes-Umfrage ergab, dass 78 % der Befragten sich teils, häufig oder ständig erschöpft vom Dating‑App-Erlebnis fühlen.
Die Forschung ergab zudem, dass eine längere Nutzung von Dating-Apps über 12 Wochen hinweg zu emotionaler Erschöpfung und einem Gefühl der Ineffektivität im Dating-Prozess führt. Besonders gefährdet sind Menschen, die bereits unter Einsamkeit, Angst oder Depression leiden.

Warum Dating-Burnout kein Luxusproblem ist – sondern ein Nervensystem-Thema
Emotionale Erschöpfung in Beziehungen oder beim Dating ähnelt einem klassischen Burnout im Job. Stress entsteht nicht nur durch Leistungsdruck oder Workload, sondern auch durch zwischenmenschliche Dynamiken – ganz besonders, wenn sie im digitalen Raum stattfinden.
Online-Dating aktiviert unser Nervensystem, ähnlich wie Stress am Arbeitsplatz:
Die ständige Suche, Ablenkung und Erwartung schalten uns in den Überlebensmodus.
Ghosting, Breadcrumbing, Auswahldruck und Ablehnung triggern unser Belohnungssystem – mit kurzen Dopamin-Kicks gefolgt von Enttäuschung.
Das Gefühl, sich ständig beweisen zu müssen oder verfügbar zu bleiben, untergräbt nachhaltig den Selbstwert.
Warum Ghosting, Breadcrumbing & Co. so ermüdend wirken
Ghosting:
Jemand bricht den Kontakt plötzlich ab, ohne Erklärung.
Das Gehirn interpretiert fehlende Klarheit als „Gefahr“.
Ergebnis: Stressreaktion & Selbstzweifel.
Breadcrumbing:
Kleine „Brotkrumen“: unverbindliche Nachrichten, die Interesse vortäuschen.
Gibt kurz den Dopamin-Kick („Da ist jemand interessiert!“).
Enttäuschung folgt, weil nichts Ernsthaftes entsteht.
Auswahldruck:
Viele Optionen = scheinbar mehr Chancen.
Doch: Das Gehirn ist überfordert mit der Flut an Möglichkeiten → kognitive Erschöpfung.
Ablehnung:
Jeder „Korb“ löst das gleiche Muster aus wie soziale Zurückweisung in realen Gruppen → uraltes Überlebensprogramm.
Das Nervensystem geht in Alarmbereitschaft („Ich gehöre nicht dazu“, "Ich bin nicht gut genug").
Warum es doppelt ermüdend ist
Diese Dynamiken wirken wie ein Glücksspielautomaten-Mechanismus:
Kurze Dopamin-Kicks (Match, Nachricht, Like) erzeugen Vorfreude.
Schnelle Enttäuschung (Ghosting, fehlende Resonanz) zieht Energie ab.
Das Gehirn will die Leere sofort ausgleichen → wir swipen weiter, in der Hoffnung auf den nächsten Kick.
Dieses Auf und Ab hält uns im Überlebensmodus – nicht in echter Verbundenheit. Es kostet doppelt Energie: einmal durch die Enttäuschung, einmal durch das „Weitermachen-Müssen“.
Genau hier braucht es Pausen, Erdung und bewusste Selbstfürsorge – um aus dem Kreislauf auszusteigen und sich selbst wieder zu spüren.

Achtsamkeit als Schlüssel: So kannst du Dating-Burnout vorbeugen
Hier sind kraftvolle Wege, um wieder in deine innere Klarheit zu kommen und Dating bewusst zu gestalten:
Bewusster Umgang | Warum es wirkt |
Dating-Pausen einlegen | Mindert Reizüberflutung und schafft Raum für Selbstreflexion. |
Qualität statt Quantität | Fokus auf tiefere, statt schnelle Matches stärkt emotionale Sicherheit. |
Grenzen erkennen & setzen | Schutz vor toxischen Dynamiken wie Ghosting oder Breadcrumbing. |
Körper wohltun – nicht digital jagen | Atem & Embodiment beruhigen das Nervensystem und unterstützen Selbstkontakt. |
Selbstwert unabhängig vom Match leben | Stärkt innere Klarheit und verhindert innere Erschöpfung. |
Dazu passt auch der Gedanke: Wenn du merkst, dass du im Dating nach „schnellen Reizen“ suchst, leidest du vermutlich unter Stress – und brauchst eine nährende Pause, statt noch mehr „Matches“.
Konkrete Tipps für deinen Selbstwert
Klarheit über deine Werte & Bedürfnisse
Schreib dir auf: Was ist mir in einer Partnerschaft wichtig? (z. B. Respekt, Verlässlichkeit, ehrliche Kommunikation). Wenn du deine Werte kennst und lebst, orientierst du dich nicht mehr am Verhalten anderer – sondern an deiner eigenen inneren Landkarte. Das gibt Halt.
Verkörpere selbst, was du dir wünschst
Statt darauf zu warten, dass jemand dich respektiert oder ernst nimmt: Lebe selbst respektvoll mit dir (Grenzen setzen, auf deine Energie achten). Das sendet ein starkes Signal nach außen und zieht Menschen an, die das spiegeln können.
Reality Check statt Selbstkritik
Frag dich: Würde ich so hart mit meiner besten Freundin reden, wie ich gerade mit mir rede? Wenn nein: dreh den inneren Dialog in Richtung Mitgefühl. Sei freundlich mit deinen Zweifeln, Emotionen und Unsicherheiten. Was sie brauchen ist Zuwendung und Annahme.
Kleine tägliche Selbstwertübungen
Jeden Abend 1 Sache notieren, die du gut gemacht hast (auch klein). Eine bewusste Entscheidung am Tag für dich treffen („Heute sage ich Nein zu…, weil mir meine Ruhe wichtig ist“). Das gibt deinem Nervensystem das Gefühl: Ich bin wirksam, ich habe Einfluss.
Wichtig: Selbstwert ist nicht etwas, das „von außen“ vergeben wird – er wächst, wenn du dir selbst immer wieder zeigst, dass du deine Bedürfnisse ernst nimmst.
Warum dieses Thema auch für deinen Alltag wichtig ist
Online-Dating ist ein besonders sichtbarer Fall – aber das Prinzip dahinter gilt ebenso für Digital Overload insgesamt: Social Media, E-Mail-Flut, ständige Erreichbarkeit – all das drückt uns in den Überlebensmodus. Auch hier gilt: Präsenz statt Reize, Pausen statt Weiterleitung, Selbstwert statt Vergleiche.
Wenn du merkst: Du reagierst, du scrollst, du fühlst dich ausgelaugt – kannst du innehalten. Auch im beruflichen Kontext gilt:
Abstand und Embodiment helfen.
Kleine achtsame Tools können dich zurück in deine Klarheit bringen – und damit in echte Verbindung zu anderen und dir selbst.
Fazit
Dating‑Burnout ist kein individuelles Problem, sondern ein Spiegel für den Zustand unserer Beziehung – zu uns selbst. Wenn wir erkennen, wann wir im Alarmmodus sind, können wir bewusst pausieren, neu verbinden und wieder klar wählen, anstatt uns aus Ermüdung treiben zu lassen. Bleib präsent. Du bist mehr als jede Swipe‑Erfahrung.
Wenn du tiefgehender lernen möchtest, wie man Stress, Druck, Überforderung – auch durch digitale Reize – nachhaltig regulieren kann, findest du zwei von mir zertifizierte Kurse bei deiner Krankenkasse. Unter der Rubrik "Gesundheitskurse" kannst du die folgenden Kurs-IDs eingeben und gelangst so zu meinen Kursen - oder auf meiner Website:
Kurs-ID KU‑ST‑NRZCA2 – Online-Format
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Ideal, um in einem sicheren Rahmen innere Stabilität, das Selbstwertgefühl und achtsame Handlungskompetenz zu stärken.
Katharina Ogilvie
Quellen:
AOK‑Artikel „Dating‑Burnout durch Online‑Dating“, Link: Dating-Burnout: Wenn Online-Dating uns emotional belastet
Studie Prof. Dr. Wera Aretz (14 % Dating‑Müde): Link: https://journal-bmp.de/wp-content/uploads/Studie_Dating-Burnout_ARETZ_31.05.2024_FINAL.pdf
Forbes Health Umfrage – 78 % dating-app burnout: New Forbes Study Explores Dating App Burnout - Global Dating Insights
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